Jeder hat es sicher bei starken auflandigen Winden schon erlebt, dieses kostenlose Peeling durch die fliegenden Sandkörner. Treffen sie dabei auf Pflanzen verfangen sie sich darin. Es baut sich eine kleine Vordüne auf. Einjährige Pflanzen wie Salzmiere, Meersenf oder Kali-Salzkraut sind hier die Spezialisten. Nicht nur die scharfen Sandkörner, sondern auch hin und wieder auftretende Salzwasserüberflutungen machen ihnen das Leben schwer. Aber mit ihren dickfleischigen Blättern sind sie bestens präpariert. Schafft es dann der Strandhafer mit seinen langen Wurzelausläufern oder auch mit Samen in die Vordüne einzuwandern, kann der Dünenaufbau richtig losgehen. Strandhafer liebt diese ständigen Übersandungen, aus denen er es immer wieder schafft, herauszuwachsen. Sein Körperbau hat sich diesen extrem warmen, trockenen und windigen Bedingungen angepasst. Er rollt seine Blätter zu kleinen Wasserleitungen. Dadurch verringert er seine Blattoberfläche und das verdunstende Wasser kondensiert in den kleinen Röhren an der Innenseite. Dann tropft es direkt wieder zur Wurzel. So gewinnt die Düne immer mehr an Höhe. Am Ende können es mehrere Meter sein.
Den Boden bilden hier nur die vielen kleinen weißen Quarzkristalle. Mehr als hundert Insektenarten nennen sie ihr Zuhause. So lange der Sand in Bewegung ist, können sich keine Bodentiere ansiedeln. In etwa 80 Jahren entwickelt sich so eine breite Weißdüne, dass sich in deren hinteren Bereich nicht mehr genug frischer Sand einweht. Der Boden kommt zur Ruhe und Bodentiere ziehen ein. Nematoden beispielsweise fressen gerne an den Wurzeln des Strandhafers, dieser stirbt so langsam ab. Aus diesen abgestorbenen Pflanzenteilen bildet sich der erste Humus, eine dünne graue Auflage. Die Weißdüne wird zur Graudüne.
Die Pflanzen der Graudüne wurzeln nur an der Oberfläche, denn nur hier liegen die wenigen Nährstoffe. Das Wasser fangen sie gleich auf. Behaarte zusammengerollte oder kleine schmale Blätter kennzeichnen die Pflanzen hier. Typische Vertreter sind dieSandseggen, sie sehen aus als hätte man sie nach einer Schnur gepflanzt - oder das Silbergras. Seine kleinen Büschel leuchten silbergrün. Besonders schön sind auch die graugrünen Flechtenteppiche. Sie werden von Rentierflechten gebildet. Ein Millimeter pro Jahr wächst so eine Flechte. Sie sind die besten Vertreter für solch extreme Lebensräume durch ihre Symbiose von Pilz und Alge.
Im Frühjahr beginnt die Graudüne zu blühen. Zuerst das wilde Stiefmütterchen, später dann das kleine Habichtskraut mit Bergsandknöpfchen und Grasnelke.
Bei den Tieren wird es etwas schwieriger. Etwas Glück braucht man schon, um die Kreuzotter an ihren Sonnenplätzen zu beobachten. Zauneidechsen huschen da schon eher vom Bohlensteg, wenn man ihnen zu nahe kommt. In der Luft jubiliert die Heidelerche im Sinkflug.
Nach weiteren 80 Jahren mit langsamen Aufbau der Humusschicht ziehen die ersten Zwergsträucher in die Dünenheide. Am Darßer Ort sind es die Krähenbeeren, die während der Vegetationszeit dunkelgrün wachsen und die den Weg zur Graudüne zeigen. In diesen Polstern ist das Mikroklima günstiger. Hohe Temperaturen und starke Verdunstungen werden gemildert. Die Kiefer weiß es zu schätzen. Im Nest der Krähenbeere keimt sie. Mit der Zeit wird der Dünen-Kieferwald immer dichter. Das Sandstrahlgebläse der Windschur zwingt sie, sich hinter den Dünenkämmen zu verstecken.
Etwa 120 Jahre sind die ältesten Kiefern hier am Darßer Ort. Vögel bringen dann die ersten Samen von Laubbäumen mit. Zum Beispiel Amseln mögen die Beeren der Eberesche. Sie wird daher auch mancherorts Vogelbeere genannt. Auch der Eichelhäher versteckt hier gern seinen Wintervorrat. Bis zu 5.000 Eicheln in einem guten Erntejahr. Dabei merkt er sich seine Verstecke nicht. Zufallsfunde bei der großen Menge an Eicheln reichen ihm um durch den Winter zu kommen.
Im Laufe der Zeit bildet sich durch abfallendes Laub beziehungsweise abfallende Nadeln immer mehr Humus. Und durch das dichter werdende Kronendach des Waldes wird der Boden beschattet. Dann kann sich die Buche auf den Weg machen. Sie mogelt sich zwischen den anderen Bäumen hindurch. Wenn sie es geschafft hat, dunkelt ihre große Laubkrone den Waldboden soweit ab, dass die Lichtbaumarten wie Kiefer, Eiche oder Eberesche auf bessere Zeiten beispielsweise durch einen Windwurf oder Blitzeinschlag warten müssen.
In etwa 400 Jahren wird hier ein dichter Buchenwald wachsen, sollten sich die klimatischen Bedingungen für ihn nicht verschlechtern oder gar die Abtragung der Küste schneller sein.