Jüdisches Gemeindeleben
Overview
Reviews 0

Gebet und Fussball - vielfältiges Jüdischsein im 21. Jahrhundert

Sie befinden sich vor der grossen Synagoge der "Israelitischen Gemeinde Basel" an der Ecke Euler- und Leimenstrasse.

Während der Woche treffen sich in der Synagoge täglich Gläubige zum Morgengebet, Nachmittagsgebet und Abendgebet. Am Schabbat und an den jüdischen Feiertagen finden die Gottesdienste in grösserem Rahmen statt und werden akustisch von einem Männerchor begleitet. Da gläubige Juden in der Regel in Fussdistanz zur Synagoge leben, haben sich hier viele jüdische Familien niedergelassen. In oder nahe der Leimenstrasse finden Sie das Gemeindezentrum, eine öffentliche Bibliothek, das jüdisch-christliche Altersheim, zwei koschere Restaurants, einen Kindergarten, eine Primarschule sowie ein rituelles Bad, die "Mikwe". Zur jüdischen Gemeinde gehören viele Vereine. So gibt es etwa die Beerdigungsbruderschaft, "Chewra Kadischa" genannt, sowie einen Frauenverein, der sich um Kranke und Arme kümmert.

1805 gilt als Gründungsjahr der neuen Gemeinde. 80 Jahre lang besitzt sie keinen eigenen Rabbiner, sondern wird durch den amtierenden Rabbiner des grenznahen elsässischen Dorfes Hegenheim betreut. Der Rabbiner ist allgemein sowohl für seelsorgerische Anliegen zuständig als auch für die Rituale des Familienlebens, also für Hochzeiten, Scheidungen oder Beerdigungen. Daneben beaufsichtigt er das Einhalten der jüdischen Speisegesetze und vermittelt die jüdische Glaubenslehre.

Rund 500 Jüdinnen und Juden leben in Basel, als sie 1868 die grosse Synagoge, vor der Sie jetzt stehen, als Zeichen eines neuen Selbstbewusstseins errichten. Architekt ist der junge, in Stuttgart ausgebildete und in Basel tätige Hermann Gauss. Wegen Platzmangels wird der Bau bereits 1892 durch Paul Reber vergrössert und erhält seine heutige, zweikupplige Gestalt.

Die jüdische Gemeinde versteht sich lange Zeit als Einheitsgemeinde, die eine traditionelle Orthodoxie vertritt. Doch wie überall in Europa tauchen im 19. Jahrhundert auch in Basel Forderungen nach Reform und Modernisierung auf. Das führt 1927 dazu, dass sich neben der gemässigten "Israelitischen Gemeinde Basel", kurz "IGB", eine streng orthodoxe "Israelitische Religionsgesellschaft", die "IRG", bildet. Diese hat ihren eigenen Rabbiner, ihre eigene Synagoge in der Ahornstrasse, separate Bildungsinstitutionen und Vereine.

Die beiden Weltkriege stellen die jüdische Gemeinschaft der Grenzstadt Basel vor grosse Herausforderungen. Aus ganz Europa suchen verfolgte Jüdinnen und Juden Schutz in der Schweiz. Während des Zweiten Weltkriegs muss die "Israelitische Gemeinde Basel" für den Unterhalt, die Verpflegung und die Betreuung der jüdischen Flüchtlinge aufkommen.

Die Nachkriegsgeschichte verläuft in ruhigeren Bahnen. Im Gegensatz zu den meisten anderen europäischen Städten und Ortschaften können Schweizer Gemeinden wie jene von Basel auf eine ununterbrochene Tradition von über 200 Jahren zurückblicken. Dabei ist zu betonen, dass die "Israelitische Gemeinde Basel" nicht gleichzusetzen ist mit der gesamten jüdischen Bevölkerung Basels. Viele Jüdinnen und Juden sind heutzutage nicht Teil der "IGB". Einige gehören der erwähnten orthodoxen "Israelitischen Religionsgesellschaft" an. Seit 2004 besteht in Basel auch eine orthodoxe Gruppierung "Chabad Lubawitsch", die ihre geistige Heimat im osteuropäischen Chassidismus, einer Bewegung mit mystischer Ausprägung, sieht. Im selben Jahr wird die Liberale Jüdische Gemeinde "Migwan" gegründet, die im Februar 2014 ihre eigene Synagoge am Herrengrabenweg einweiht.

Heute leben im Kanton Basel-Stadt offiziell rund 1100 Jüdinnen und Juden. Jüdisches Leben findet aber nicht isoliert statt, sondern ist integraler Bestandteil der Stadt Basel. Obwohl die jüdische Gemeinschaft in den letzten 50 Jahren deutlich kleiner geworden ist, existiert weiterhin ein reges kulturelles und gesellschaftliches Leben.

Kinder lernen die jüdische Kultur und ihre Bräuche im jüdischen Kindergarten "Marcus Cohn", in der Primarschule "Leo Adler" und in der Religionsschule. Ein buntes Programm bieten die verschiedenen Jugendbünde. Lang ist auch die Liste wohltätiger Vereinigungen. Ganz zeitgemäss publiziert die "Kaschrut-Kommission" der Gemeinde seit einer Weile für das Smartphone regelmässig eine aktuelle Liste koscherer Lebensmittel.

Autorin: Julia Richers

Reviews

0.0

0 comments

Provided by

Bâleph

Bâleph

Bâleph nimmt Sie mit auf einen Streifzug zu bekannten und unbekannten Stationen in Basels jüdischer Geschichte.

This story belongs to