Pfarrkirche St. Remigius
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Mitten in Opladen, an der Düsseldorfer Straße, steht die katholische Pfarrkirche St. Remigius. Heute sichtbar ist ein Bau, der 1860 von Vinzenz Statz entworfen wurde. Dass die Wahl bei der Suche nach einem Architekten auf ihn fiel, war kein Zufall: Vorbild für das Gebäude im neugotischen Stil war der Kölner Dom, an dessen Fertigstellung Statz federführend mitgewirkt hatte. Sein Auftraggeber war der Stephan Krey, Pfarrer in Opladen von 1828-1873.

1864 wurde die von Statz entworfene Kirche geweiht. Nur 80 Jahre später wurde sie 1944 bei einem Luftangriff völlig verwüstet. Einzig der dreigeschossige Turm und die Außenmauern aus Backstein überstanden das Bombardement. Die Kirche wurde nach dem Krieg wiederaufgebaut, Architekt war diesmal Bernhard Rotterdam. 1961 bekam sie eine neue Orgel aus der Werkstatt des Opladener Orgelbauers Ernst Weyland, nur ein Jahr später wurden neue Buntglasfenster des Leverkusener Künstlers Paul Weigmann eingesetzt. Bereits in den 1970er Jahren erfuhr der Chorraum eine umfangreiche Neugestaltung. Der Opladener Bildhauer Wilhelm Völker fertigte neben dem Altar auch Tabernakel, Ambo und Weihwasserstele. Mit dem Turm überlebten auch die Kirchenglocken die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges. Bis heute erklingen die drei Gussstahlglocken aus den 1920er Jahren sowie eine kleinere Bronzeglocke, die 1830 gegossen wurde und somit seit beinahe 200 Jahren ihren Dienst verrichtet.

1830? Aber die Kirche wurde doch erst 1860 gebaut! Richtig, aber ein Fehler hat sich hier trotzdem nicht eingeschlichen. Bei dem Gebäude aus dem 19. Jahrhundert handelt es sich nämlich um einen Nachfolgebau einer älteren Kirche, die 1789 fertiggestellt worden war und damit nur gut 70 Jahre bestand, bis sie abgerissen wurde. Dabei wurden auch der Turm und die Sakristei abgetragen, die ihrerseits aus einem noch früheren Gotteshaus übernommen worden waren.

Die Geschichte der Vorgängerbauten von St. Remigius führt uns bis ins Mittelalter zurück. In einer Urkunde des Stifts St. Gereon von 1223 ist erstmals eine Kirche in Opladen schriftlich belegt. Aus etwa dieser Zeit stammte vermutlich auch der eben erwähnte, im 19. Jahrhundert abgerissene Turm. Kunstgeschichtliche Analysen von alten Bildern und Zeichnungen des Turms aus der Zeit vor 1860 lassen den Schluss zu, dass er zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert errichtet wurde. Sein Portal lässt sich genauer auf die Zeit der Urkunde datieren. Aufgrund der massigen Bauweise im romanischen Stil, der sich ab dem 10. Jahrhundert in Europa durchsetzte, konnte der alte Kirchturm die Jahrhunderte überdauern.

Einen wichtigen Hinweis auf die Entstehungsgeschichte der Pfarrei St. Remigius gibt uns der Name der Gemeinde selbst. Bischof Remigius von Reims taufte um die Wende vom 5. zum 6. Jahrhundert den Frankenkönig Chlodwig I. mitsamt seinem Hausgefolge. In der älteren Geschichtsforschung wurde dies, ganz in der Erzähltradition des fränkischen Chronisten Gregor von Tours, als Konsequenz des gottgegebenen Sieges Chlodwigs in der legendären Alemannenschlacht von 496 aufgefasst. Wohl eher war die Entscheidung aber politischer Natur. Mit dem Gebiet des heutigen Frankreichs und seiner bestehenden kirchlichen Infrastruktur hatte der ‚heidnische‘ Chlodwig als Kriegsherr ein Gebiet erobert, dass sich auf Dauer nicht allein mithilfe einer kleinen, kulturfremden Kriegerelite regieren ließ. Er musste sich auf das Wohlwollen einheimischer Machthaber verlassen können. Dazu gehörten vor allem Bischöfe wie Remigius, die großen Einfluss hatten. Seine Konvertierung zum römisch-katholischen Glaubensbekenntnis konsolidierte seine Macht und legte den Grundstein für das Weiterbestehen des fränkischen Reiches, das sich einige Jahre zuvor nur auf einen Teil Nordfrankreichs beschränkt hatte.

Trotz der künstlichen Erhöhung sogenannter „Wendepunkte“ in der Geschichte war die Entscheidung Chlodwigs bedeutend, und wurde auch von Zeitgenossen so wahrgenommen. Das lässt sich unschwer an der Vielzahl der Gemeindeneugründungen erkennen, die den Namen des heiligen Remigius trugen. Erst im 11. Jahrhundert ließ dieser Trend nach. Auch der älteste Kirchenbau in Opladen könnte auf diese Tradition zurückgehen und passt somit zur Datierung des alten Turmes in das 10. oder 11. Jahrhundert. Bereits vorher könnte die Gemeinde mitsamt einer Kapelle oder Kirche existiert haben, allerdings gibt es dafür keine erhaltenen materiellen oder schriftlichen Beweise. Die ältesten, heute noch existierenden Hinterlassenschaften aus der mittelalterlichen Remigius-Kirche sind zwei gotische Wasserspeier. Nur einer davon ist im Rheinischen Landesmuseum Bonn den Augen der Öffentlichkeit zugänglich.

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Opladener Geschichtsverein von 1979 e.V. Leverkusen

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