Vom Landhaus zum Schloss
Im 19. Jahrhundert wird an dieser Stelle ein Landhaus im neoklassizistischen Stil gebaut, das von schmiedeeisernen Zäunen umgeben ist. Es gehört Nicaise De Keyser (1813-1887), der Kunstmaler sowie der Direktor der Königlichen Akademie für Schöne Künste ist. Nach De Keysers Tod erwirbt der deutsche Geschäftsmann Henri Fester (1849-1939) das Gebäude und lässt das Haus in mehreren Etappen erweitern. ‚Schloss Fester‘ wird zu einer der wichtigsten Adressen im Warande-Viertel. Kaum fertiggestellt wird das Gebäude während des Ersten Weltkriegs schwer beschädigt. Es muss fast vollständig wieder aufgebaut werden. Teile der Innenausstattung sind bis heute erhalten geblieben. Die wundervolle Treppe in der Eingangshalle, diverse Einbauschränke, elegante Heizkörper und prächtige Böden erinnern an die Glanzzeit dieses Gebäudes.
Fester, der Geschäftsmann
Henri Fester wird 1849 in Antwerpen geboren. Sein aus Frankfurt stammender Vater lässt sich um 1840 in Antwerpen nieder. Henri wird schon bald ein hoch angesehenes Mitglied der deutschen Kolonie, was er nicht zuletzt seinem Unternehmergeist zu verdanken hat. Nach seinem Studium in Antwerpen und der Schweiz gründet Fester mit seinem Geschäftspartner Adolph Mund die Versicherungsgesellschaft Mund & Fester, deren Filiale sich am Groenplaats befindet. Henri Fester ist auch im Kolonialhandel aktiv: Als Vorstandsmitglied der „Société Anversoise du Commerce au Congo“ (Antwerpener Handelsgesellschaft für den Kongo), eines Betriebes, der Kautschuk und Elfenbein importiert und mehrfach wegen kolonialer Gewalt ins Gerede kommt.
Fester, der Kunstmäzen
Wie andere reiche deutsch-Antwerpener Geschäftsleute spielt auch Henri Fester eine aktive Rolle als Mäzen, Gründer und Vorsitzender verschiedener Kunstvereine. Er finanziert u.a. die Bach-Vereinigung und ist Regierungskommissar des Königlichen Flämischen Musikkonservatoriums. Außerdem ist er Mitbegründer der Königlichen Gesellschaft der Neuen Konzerte (1903-36), einem bedeutenden belgischen Konzertverein, der Größen wie Mahler, Prokofjew, Rachmaninow und Strawinsky nach Belgien holt. Fester wird auch als Person sehr geschätzt. Der Komponist Lodewijk De Vocht widmet ihm sogar eine „Symfonie voor koor en orkest“ (1932). Festers Vorliebe für die Künste bleibt in der heutigen Funktion des Gebäudes erhalten, denn heute ist hier der Campus des Kunstgymnasiums de!Kunsthumaniora.
Abbildungen
1. Der schmiedeeiserne Zaun ist größtenteils noch original. (© dasKULTURforum Antwerpen)
2. Architekt Jos Hertogs zeichnet den Entwurf für den neuen Wintergarten und den Musiksalon im Jahr 1910. Der Stempel zeigt die Genehmigung der Pläne seitens der Stadtverwaltung. (© de!Kunsthumaniora)
3. Schloss Fester wird im Ersten Weltkrieg fast vollständig zerstört. Dächer, Fenster, Türen und Fußböden werden bei Bombardierungen herausgeschleudert. (© FelixArchief/Stadsarchief Antwerpen)
4. Unter dem Schutt bleibt eine Bronzefigur eines sitzenden Jünglings erhalten. (© FelixArchief/Stadsarchief Antwerpen)
5. Heutige Treppenhalle mit Originaltreppe. (© dasKULTURforum Antwerpen)
6. Ursprüngliche Fenster mit dekorativen Säulen. (© dasKULTURforum Antwerpen)
7. Im „Le Courrier d'Anvers“ vom 22. Mai 1914 wird eine großzügige Spende von Henri Fester an das Wohlfahrtsamt in Erinnerung an seine geliebte Frau erwähnt, die viel für wohltätige Zwecke tat.
Verfolgen Sie Ihre Schritte zurück und gehen Sie die Karel Oomsstraat bis zu Ende. Überqueren Sie die viel befahrene Kreuzung, um in die Koningin Elisabethlei einzubiegen. Kurz bevor Sie das neue, imposante Provinciehuis (Haus der Provinz) erreichen, sehen Sie links von Ihnen einen Eisenzaun. Zwischen den Bäumen können Sie einen Blick auf das majestätische Gebäude erhaschen. Es handelt sich um das ehemalige Wohnhaus der Familie von der Becke (Nr. 26), damals Hôtel genannt.